Die Rolle des Gipser in der energetischen Sanierung
Der Klimawandel und die Energiewende stellen die Gesellschaft und die Bauwirtschaft vor grosse Herausforderungen. Das bietet zugleich Chancen. Der Fachverband der Stuckateure für Ausbau und Fassade Baden-Württemberg (SAF) bezieht dazu in einem Positionspapier Stellung, auf dem dieser Artikel beruht.
Factbox
Text: Fachverband SAF und SMGV / Raphael Briner
Titelbild: Pixabay/Solarimo
Die Herausforderung
Unsere Gesellschaft sieht sich aktuell mit mehreren Herausforderungen konfrontiert, die einen erheblichen Einfluss auf alle Lebens- und Wirtschaftsbereiche haben, auch und besonders auf die Bauwirtschaft und das Gipsergewerbe.
Klimawandel
Die Bekämpfung des Klimawandels ist eine zentrale Aufgabe aller Akteure in Wirtschaft und Gesellschaft.
Abhängigkeit von Importen
Für die Wahrung unseres Wohlstandes und die Handlungsfähigkeit der Wirtschaft kommt es entscheidend darauf an, dass die europäischen Länder ihre Abhängigkeit von Energie- und Rohstoffimporten schnell und nachhaltig reduzieren. Der Bauwirtschaft fällt dabei eine wesentliche Rolle zu: Nur sie kann die Sanierung des Gebäudebestands im Hinblick auf sparsamen und effizienten Einsatz von Energieträgern bewerkstelligen, ohne die eine Unabhängigkeit von Energieimporten nur schwer zu erreichen ist.
Fachkräftebedarf
Die anstehende Transformation des Gebäudebestandes und der wachsende Bedarf an Wohnraum bedeuten, dass in den kommenden Jahrzehnten ein immenser Bedarf an Fachkräften in den Bau- und Ausbaugewerben bestehen wird. Genügend Fachkräfte für das Bauhandwerk zu gewinnen und zu binden, ist darum eine der Kernaufgaben des Handwerks und jedes einzelnen Betriebes.
Gipser - Teil der Lösung
Für die Herausforderungen im Gebäudesektor ist das Gipserhandwerk gut aufgestellt. Es geht dabei nicht nur um die Reduzierung des Energieverbrauchs, sondern zunehmend auch um die Integration von Systemen zur Raumklimatisierung und -lüftung sowie zur Energiegewinnung in Fassaden.
Wärmedämmung
Die geforderte Klimaneutralität im Gebäudebestand und der Umstieg von fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Energien zur Wärmeversorgung können nur gelingen, wenn die Gebäude flächendeckend einen guten Dämmstandard aufweisen.
Eine gute Dämmung ist Voraussetzung für den effizienten Einsatz von Wärmepumpen und senkt den Energieverbrauch der Gebäude insgesamt. Es gibt zwar keine Statistik, die aufzeigt, wie viele Gebäude in der Schweiz nicht oder nur unzureichend gedämmt sind. Einen Hinweis gibt die Statistik des Gebäudeenergieausweises der Kantone (Geak). 61,2 Prozent der analysierten Gebäude fallen unter die beiden schlechtesten Kategorien F und G. Die Skala reicht von A bis G. Ein effizienter Betrieb von Wärmpumpen ist in solchen Gebäuden häufig nicht möglich.
Installation von Haustechnik
Die Integration technischer Anlagen in Gebäuden spielt eine zunehmend wichtige Rolle. Energiesparendes Bauen erfordert den Einsatz von Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung, die Verbreitung der Elektromobilität steigert den Bedarf an hauseigenen Ladestationen und die zunehmende Bedeutung von Strom als Energieträger macht die Fassade zur Aufnahme von Photovoltaik-Technik interessant.In allen Fällen ist eine optisch ansprechende und technisch einwandfreie Integration in Fassaden und Innenwandflächen notwendig. Mit entsprechender Weiterbildung nehmen Gipserbetriebe vermehrt Aspekte der Haustechnik in ihr Portfolio auf und können dadurch bei der energetischen Gebäudesanierung dem Wunsch von Kunden nach Leistungen aus einer Hand entsprechen.
Raumheizung
Klassische Heizkörper in Räumen werden künftig die Ausnahme darstellen. Stattdessen gehört den Flächenheizungen die Zukunft. Ob als wasserführendes System mit einer Wärmepumpe als Energiequelle oder als elektrisches System – die direkte Einbettung in Wände und Decken macht den Gipser und die Gipserin zum qualifizierten Ansprechpartner und zu einem unverzichtbaren Partner für Betriebe des Sanitär-Heizung-Klima-Handwerks.
Nachhaltigkeit, Wohngesundheit
Energiesparendes Bauen allein wird in Zukunft weder die gesetzlichen Anforderungen noch die Ansprüche der Kundinnen und Kunden erfüllen. Spätestens seit der Corona-Pandemie ist in der Gesellschaft das Bewusstsein für die Bedeutung einer gesunden, schadstoffarmen Raumluft gestiegen, die Nachfrage nach Oberflächen aus sorptionsfähigen und schadstofffreien Materialien ist dadurch gross geworden. Gleichzeitig rückt der Begriff der Nachhaltigkeit immer mehr in den Fokus. Baustoffe sollen energiearm und umweltfreundlich in der Herstellung und möglichst vollständig recyclingfähig sein. Traditionelle Putzmaterialien des Gipserhandwerks erfüllen alle diese Anforderungen.
Fachkräfte
Die zunehmende Relevanz der Gipserinnen und Gipser für Klimaschutz und Nachhaltigkeit bei Gebäuden macht den Beruf noch vielseitiger und attraktiver. Leider wird dies in der Öffentlichkeit viel zu wenig wahrgenommen. Der Schweizerische Maler- und Gipserunternehmer-Verband SMGV hat es sich darum zur Aufgabe gemacht, die Attraktivität der Gipser- und der Malerberufe breiter bekannt zu machen sowie die Aus- und Weiterbildung zu modernisieren und insbesondere stärker als bisher auf die am Markt gefragte Aussen- und Innendämmung auszurichten. Gefordert ist aber auch jedes einzelne Unternehmen. Hier liegt die Hauptverantwortung für die Rekrutierung und praktische Ausbildung von Lernenden sowie die Förderung von Mitarbeitenden durch das Ermöglichen von Weiterbildungen.
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